Alvin Clarence Thomas König der Glücksspieler

Als der vielleicht berühmteste Zocker Amerikas 1974 mit 82 in einem Pflegeheim einem Schlaganfall erlag, war dies sofort Gesprächsthema auf einem nahen Golfplatz. „Titanic Thompson soll tot sein? — Schon möglich, aber darauf wetten würde ich nicht.“

König der Glücksspieler

Titanic nannte man ihn, weil er der gewiefteste Zocker war, den die Geschichte Amerikas kennt, und er selbst namhafte Gegner beim Billard „versenkte“. Eine Legende war er unter den Golfern – wobei er diesen Sport mit seinen überragenden Fähigkeiten hauptsächlich als Lizenz zum Geld scheffeln auffasste. Ein zeitloses Talent war der 1892 geborene und vom Elternhaus schnell auf die Uni der Straße gewechselte Alvin Clarence Thomas auf alle Fälle. Schon als Teenager machte er sich in vielen US-Bundesstaaten einen Namen als König der Glücksspieler. Man sagt, er sei so geschickt und raffiniert im Umgang mit Spielkarten gewesen, dass sogar Kartenzauberer bei ihm in die Lehre gingen. Unglaublich geschickt war er eigentlich mit allem, was er in die Hand nahm: Er traf geworfene Münzen mit der Pistole, Tontauben und war ein As im Hufeisenwerfen. Sogar berüchtigte Zeitgenossen wie Al Capone ließen sich von „Ti“ für unermessliche Wettbeträge austricksen. Er würde eine Orange über das Dach eines Hauses werfen, versprach der Zocker dem Gangster. Insgeheim tauschte er die Frucht gegen eine leichtere Zitrone aus und gewann seine Wette – ein von vielen dieser Art.

Beidhändiger Golfprofi

Einen bleibenden Ruf machte sich Titanic Thompson jedoch als Golfer. Seine sprichwörtliche Leichthändigkeit kam ihm auch hier zugute, wobei er das Golfen kaum als echter Sportsmann ausgeübt haben dürfte. Dafür waren die Wetteinsätze viel zu verlockend. Er war mit rechts und links gleichermaßen perfekt – so kam es auch schon mal vor, dass Ti mit dem rechten Arm in der Schlinge auf dem Platz aufkreuzte, nur um dann spektakulär linkshändig zu triumphieren und in Zeiten der Weltwirtschaftskrise exorbitante Gewinnsummen zusammenzutragen. Sein vorgestäuschtes Anfängertum flog natürlich irgendwann auf, und so musste der Golf-Profi im wahrsten Sinne des Wortes oft fluchtartig Stadt und Staat verlassen. Thompson prellte beispielsweise die Mitglieder eines Country Clubs um 50.000 Dollar, weil er den Clubrekord im Winter überbot: indem er den Ball auf das Eis eines zugefrorenen Seen schlug und so auf über eine Meile kam. Solche Tricks schmälerten allerdings nicht seinen Ruhm als Ausnahmetalent, wenn es gegen wirkliche Spitzengolfer ging. Dies bewies unter anderem sein Match gegen den Amateur-Champion Van Elm im Jahr 1926. Der hatte Titanic Thompson in einem Akt der Herablassung und typischen Unterschätzung neun Extraschläge gewährt. Es ging um 100 Dollar pro Loch. Als dem Amateurmeister auf dem Grün der zehnten Bahn ein Licht aufging, mit welchem Kaliber er es zu tun hatte, warf er den Putter von sich und verzog sich wütend ins Clubhaus.

Ein bewegtes Leben

Abseits der Kartentische und Golfparcours meinte es das jedoch Schicksal weniger gut mit Titanic Thompson. Bei einem fingierten Pferderennen in Tijuana verlor er stolze 1,2 Millionen Dollar. Insgesamt fünf Frauen gingen mit ihm die Ehe ein und ließen sich dann kostspielig wieder scheiden. So wurde der Zocker-Star selber das ein oder andere Mal „abgezockt“. Und auch die fünf Tötungsdelikte sollte man nicht verschweigen, aus Notwehr, wie es heißt, aber immerhin brachten sie ihn für ein paar Jahre ins Gefängnis. Das viele Geld – es machte auch den Olympioniken unter den Tricksern nicht glücklich.

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